Blick aus dem Frankfurter Goethehaus auf den Commerzbank-Turm

DIE NEUN | Orte in Frankfurt, an denen Frankfurter nie sind

Habt ihr Freunde in Berlin? Dann fragt sie doch einmal, wann sie zuletzt am Brandenburger Tor waren. Jede Wette, dass sie erstmal eine Weile überlegen müssen? “Ich glaube, mit zwölf, da hatte ich mich mal verlaufen…”, werden sie vielleicht nach längerem Grübeln antworten. Bestenfalls aber erinnern sie sich an den Besuch im vorherigen Jahr, mit dem sie pflichtgemäß – wenn auch reichlich desinteressiert – das Wahrzeichen der Hauptstadt besucht haben.

Was dem Berliner das Brandenburger Tor, ist dem Pariser der Eiffelturm und dem Münchner das Hofbräuhaus: Ein Ort eben, für den die Stadt weithin bekannt ist. Und insgeheim, da ist der Einheimische auch ein wenig stolz auf ihn. Nur selbst aufhalten tut er sich dort nie, das überlässt er dann doch lieber Geschäftsreisenden und Touristenscharen. 

Nun ist Frankfurt (glücklicherweise!) weder Berlin noch Paris. Und dennoch gibt es hier so manchen Ort, der in jedem Stadtführer erwähnt wird – doch von Einheimischen gemieden wird. Orte eben, an denen man auf Gott und die Welt trifft. Nur eben auf keine Frankfurter… 

Und hier sind gleich neun davon! 

1 | Hanz & Franz

Allein der Name des Restaurants in der Neuen Kräme lässt erahnen, dass hier weniger die traditionelle Frankfurter Gastwirtschaft denn das Klischee des Sauerkraut-fressenden, maßbiertrinkenden Deutschen in kariertem Hemd und Lederhose gepflegt wird. Hier futtern chinesische Touristen “Original Berliner Currywurst”, hier versuchen sich US-amerikanische Backpacker am Maßkrugstemmen. Und wenn sie aus dem Fenster schauen, können sie die Frankfurter dabei beobachten, wie sie angesichts all dieser Klischeekulinarik kopfschüttelnd vorübergehen…

2 | Internationale Automobilausstellung (IAA)

In jedem zweiten Jahr strömt die gesamte Welt nach Frankfurt, um sich in den Messehallen an den neuesten Errungenschaften der Automobilbranche zu ergötzen. Die Stadt jedenfalls, sie scheint über zehn Tage hinweg mehr Messegäste als Einwohner zu haben. Der gemeine Frankfurter indes, der meidet all den Messe-Stress. Oftmals befindet er sich zum Zeitpunkt der Ausstellung gar nicht einmal in seiner Stadt – er hat nämlich seine Wohnung zu horrenden Preisen an Messegäste vermietet (die Hotels waren ja längst ausgebucht) und finanziert sich so eine angenehme Auszeit fernab des ganzen Trubels…

Handbeschriebene Kneipentafel mit der Aufschrift: "Shots 1 Euro"

3 | Alt-Sachsenhäuser Absturzkneipen 

Wodka-Energy für zwei, Jägermeister für nur einen Euro. “Happy Hour” all night long. Ein Besäufnis in einer der zahlreichen Billig-Kneipen Alt-Sachsenhausens mag zwar günstig sein, ist aber selbst chronisch klammen Frankfurter Jugendlichen zu stillos.

Demzufolge herrscht hinter den Fenstern mit ihren neonfarbenen Schriftzügen unter der Woche auch tote Hose, während am Wochenende die Dorfjugend des  Frankfurter Umlands einfällt, um “mal richtig auf die Kacke” zu hauen. Doch während der Junggesellenabschied schon vor Mitternacht preiswert betrunken in der Ecke liegt, freuen sich nicht weit entfernt die Frankfurter darüber, unter sich zu sein.

Die wissen nämlich, in welchen Bars und Kneipen man auch in Alt-Sachsenhausen nett ausgehen kann – und nehmen gern in Kauf, dass der Caipirinha ein wenig teurer ist als drei Euro. 

4 | Der Frankfurter Stadtwald 

Sobald mal wieder irgendjemand behauptet, Frankfurt sei eine graue Stadt voller Beton, kontert der Frankfurter ganz schnell mit dem Stadtwald. Ja, man ist hier stolz auf diese fast 4000 Hektar Natur im Süden des Stadtgebiets! 

Was er dagegen nicht erwähnt: Den Stadtwald besucht er für gewöhnlich nur einmal im Jahr, nämlich zum Wäldchestag. Den Rest des Jahres allerdings erfreuen sich dann nur die Neu-Isenburger, Langener & Co an den vielen schönen Wanderwegen, Weihern und Lichtungen. Die Frankfurter sind derweil in ihren Parks zu finden (die sind ja auch viel näher) – aber bald schon ist ja sicher wieder Wäldchestag… 

Fassade des Goethehauses

5 | Das Goethehaus

Er ist der wohl bekannteste Sohn Frankfurts: Johann Wolfgang von Goethe. Dass der weltbekannte Dichter im Jahre 1749 in einem schmucken Haus im großen Hirschgraben das Licht der Welt erblickte, ist selbst dem bildungsresistentesten Frankfurter bekannt. Weniger dagegen, dass man dieses Haus auch besuchen kann: So kommt es, dass die zum Museum umgestalteten Wohnräume des Hauses von Scharen aus aller Welt besucht werden – während draußen die Frankfurter ihre Einkaufstüten spazieren tragen und keinerlei Notiz vom “Goethehaus” nehmen. Und bevor jemand fragt: Nein, auch ich war noch nie im Goethehaus… 

 

6 | Café Hauptwache 

Die Hauptwache war ursprünglich weder Skateboard-Platz noch Drehkreuz des städtischen Nahverkehrs. Vielmehr war sie ein im 18. Jahrhundert errichtetes Gebäude der Stadtwache, in dem auch gerne mal Halunken eingekerkert wurden. Erst später mauserte sich ihr Name zur Bezeichnung für das gesamte Areal am westlichen Ende der Zeil

Das schmucke barocke Gebäude des ehemaligen Wachgebäudes wurde nach schweren Kriegsschäden im Jahre 1968 im Zuge des U-Bahn-Baus neuerrichtet und fungiert seitdem als Café. Cappuccino statt Kerkerhaft genießen hier allerdings bevorzugt Geschäftsreisende und Touristen mit dem nötigen Kleingeld.

So schön es sich hier auch sitzen lassen mag, der gemeine Frankfurter geht lieber ein paar Meter weiter, frühstückt ganz klassisch im Café Karin oder schlürft einen schnellen Espresso in der Stamm-Filiale des Café Wacker

Der Maintower von unten

7 | MainTower

Der Maintower ist nicht nur der einzige öffentlich zugängliche Wolkenkratzer Frankfurts, sondern bietet von seiner in 192 Metern Höhe gelegenen Aussichtsplattform atemberaubende Ausblicke über Stadt und Umland. 

Für den Frankfurter allerdings noch lange kein Grund, sich tatsächlich jemals in derartige Sphären zu begeben. Klar, insgeheim ist er schon ein wenig stolz auf “seine” Skyline. Doch Eintritt zahlen? Eine Ewigkeit lang Aufzug fahren? Och nöööö….Außerdem ist’s ja eh immer viel zu windig da oben. Und von den Dächern des Kaufhof oder Doms lässt sich es schließlich auch fein in die Frankfurter Häuserschluchten schauen. 

Fressgass

8 | Fressgass

Als echter Pflicht-Besuch für Feinschmecker wird in sämtlichen Reiseführern ein Besuch der als “Fressgass” bekannten Großen Bockenheimer Straße angepriesen. Folglich werden die dortigen Lokale auch eifrig von hungrigen wie zahlungskräftigen Touristen und Geschäftsreisenden aus aller Welt besucht, welche auch die saftigste Rechnung nur mit Achselzucken quittieren. Klar – wer eben nebenan noch bei “Louis Vuitton” shoppen war, der hat dann auch noch das nötige Kleingeld für das Filet Mignon über. 

Die Frankfurter jedoch wissen, dass gutes Essen kein Vermögen kosten muss und auch die Fressgass’ schon lange keine Gourmetmeile mehr ist. Viel lieber stillen sie ihren Hunger auf der Berger oder Schweizer Straße, in deren Restaurants ganz gratis obendrein eine große Portion Herzblut serviert wird. Und auch sonst muss dort nicht eigens die Lebensversicherung gekündigt werden, um sich kulinarisch mal so richtig verwöhnen zu lassen… 

Der rote Ebbelwei-Express-Zug von vorne

9 | Ebbelwei-Express

Schon seit vierzig Jahren rollen die auffälligen, bunten Straßenbahnwagen des  Ebbelwei-Express quer durch die Stadt. Laut rumpelnd geht es vorbei an nahezu sämtlichen Sehenswürdigkeiten, während die Fahrgäste vom charmanten Personal der VGF mit Apfelwein, Brezeln und Schlagermusik bei Laune gehalten werden. 

Eine überaus unterhaltsame Möglichkeit für lauffaule Touristen und Umlandsbesucher also, um Frankfurt zu entdecken. Die Frankfurter allerdings kämen niemals in die Idee, gänzlich freiwillig in eine Straßenbahn zu steigen. Zu leidgeplagt sind sie bereits von ihrer täglichen Fahrt zur Arbeit in der vollgestopften Tram voll hektischer Mitfahrer. Außerdem: Ihre Stadt, die kennen sie schließlich längst. Und der Apfelwein, der schmeckt auch anderswo. … und wo seid ihr nie anzutreffen? 

Das war sie – unsere kleine Auswahl der Frankfurter Orte, an denen man nur selten auf Einheimische trifft. 

Haben wir etwas vergessen? Wo seid ihr als Einheimische niemals anzutreffen?

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