Blick ins Lucille: alte Fliesen, Kissen und Theke

Ein Ort für alle Fälle: Das Café Lucille

Wer sich glücklich schätzen darf, im Frankfurter Nordend zu leben, der kann sich wahrlich nicht über ein mangelndes Angebot an Cafés beklagen. Wir jedenfalls sind manchmal gar überfordert von der Entscheidung, in welchem der vielen Kaffeehäuser wir einen Kaffee genießen oder einfach den Nachmittag vertrödeln sollen.

Im Dezember 2017 hat die Café-Landschaft im schönen Nordend nochmals Zuwachs bekommen: In der Friedberger Landstraße lockt seitdem das “Lucille” mit Kaffeeduft, allerlei Köstlichkeiten und regelmäßigen Veranstaltungen für Nachbarschaft und Besucher. Ein Besuch und Interview.

Früher Kalbsleber und Kotelett, heute Kuchen und Cappuccino 

Friedberger Landstraße 100 | 60316 Frankfurt-Nordend
www.lucille-frankfurt.de
 

Betritt man den langgestreckten Raum und blickt auf die gekachelten Wände, so ahnt man kaum, dass hier einst statt Kaffee und Bio-Gerichten noch Hackfleisch und Gelbwurst über die Theke gingen. Bei der Einrichtung des Cafés hat man sich Mühe gegeben, denn sobald die Türschwelle überschreitet wird, stellt sich unmittelbar ein Gefühl der wohligen Behaglichkeit ein.

Maßgeblichen Anteil daran haben auch die Gastgeber-Qualitäten des netten Teams um Inhaber Mehran Alvani, der einigen von euch bereits bekannt sein dürfte und mit dem “Orange Peel” bereits das Bahnhofsviertel um einen durch und durch sympatischen Ort bereichert hat. Und auch das Ambiente ist durchweg schmuck, die alten Fliesen an Wänden und auf dem Boden bilden einen angenehmen Kontrast zu den eher schlichten kleinen Tischen und Stühlen.

Ich setze mich an einen der Tische auf der kleinen Empore vor dem Fenster, durch das ich auf die Blechlawinen und das hektische Treiben auf der Friedberger Landstraße blicken kann. Verkehr, Trubel, Regenwetter – all das wirkt hier so fern. Schnell versinke ich in die klassische Kaffeehaus-Atmosphäre. Bei schönem Wetter kann man es sich übrigens auch draußen bequem machen – was angesichts des peitschenden Regens da draußen heute allerdings keine so gute Idee wäre…

Außenansicht des grauen Lucille mit dem "100"-Schild
Alle Fotos: Claudia Simchen

Wo Milchschaum auf Vinyl trifft

Der allergrößte Pluspunkt für mich als Schallplatten-Freund ist allerdings, dass das “Lucille” eine perfekte Symbiose mit dem Plattenladen “MEMPHIS RECORDS” eingeht, der sich – ganz bequem durch einen offenen Durchgang erreichbar – quasi die Räumlichkeiten mit dem “Lucille” teilt.

Ein Café mit direkt angeschlossenem Plattenladen also – hey, wo gibt’s das schon sonst? Ich bin kurz dazu geneigt, ein wenig durch die Platten zu stöbern. Allerdings, so erinnere ich mich, bin ich nicht zum Vinyl-Kauf hier. Ich entsinne mich also auf das eigentliche Anliegen meines Besuchs – und stelle Inhaber Mehran Alvani, der diese Räumlichkeiten einer Metzgerei zu einem Café hat werden lassen, ein paar Fragen:

 

Nahaufnahme Essen
Gebackener Feta, Rührei und Salat und eine Tasse Kaffee

Gude, Mehran! Ich selbst lebe ja im Nordend, kann also mit Sicherheit behaupten:  Es ist nicht gerade so, dass hier ein eklatanter Mangel an Cafés bestünde – hast du dich dennoch ganz bewusst für das Nordend entschieden? 

Das habe ich tatsächlich! Ich hatte ja als Gastronom bereits das “MOKSHA” in der Rotlintstraße betrieben und schätze das Nordend sehr für seine Vielseitigkeit. Als ich dann erfahren habe, dass meine Vorgängerin ihren Laden in der Friedberger Landstraße 100 schließen musste, hab’ ich dann einfach meine Chance genutzt und dort mit meinem Partner aus dem “MOKSHA” ein Café dort entstehen lassen. Das hat sich ganz einfach so ergeben…

Ein weiteres Café also, umgeben von vielen weiteren. Verrate mir doch: Was macht ihr besser als die “Konkurrenz”, wieso sollte man sich ausgerechnet für das “Lucille” entscheiden? 

Zunächst einmal ist mir ganz wichtig zu sagen, dass es mir nicht darum geht, irgendetwas besser zu machen. Mein Café sollte vielmehr eine Ergänzung zum bestehenden Angebot sein, eine angenehme Abwechslung werden. Das “Lucille” sollte sich von Anfang an von den vielen anderen tollen Cafés in der Nachbarschaft unterscheiden: 

Beispielsweise setze ich auf ein Frühstücks-Angebot, das ich selbst anderswo noch nicht finden konnte. Und auch zur Mittagszeit will ich meine Gäste mit wechselnden Mittagsgerichten überraschen. Für diese verwenden wir Bio-Zutaten, die wir möglichst aus der Region beziehen. Und hinterher gibt’s dann gerne auch ein leckeres Stück unseres selbstgemachten Kuchens. 

Nicht zuletzt soll das “Lucille” aber viel mehr sein als nur ein Café! Mittwochs und Samstags werden wir Schauplatz für kulturelle Veranstaltungen. Ob Lesung oder Ausstellung: Wir sind jederzeit offen für die Zusammenarbeit mit Frankfurter Kreativen. Du siehst: Hier gibt’s viel mehr als nur Kaffee und Kuchen! 

… und den Leuten gefällt’s?

Offensichtlich! Achtzig Prozent unserer Gäste sind mittlerweile Stammgäste. Man kennt sich mit der Zeit, und das freut mich sehr! 

Ich danke dir für deine Zeit! Verrate mir doch zum Abschluss: 
Das “Lucille” in drei Worten? 

Lass mich kurz überlegen… Gemütlich. Kulinarische Bereicherung! 

Schmaler Gang mit Stühlen Richtung Küche
Gastraum Lucille

Nicht nur kulinarisch eine Bereicherung!

Ich bedanke mich ganz herzlich, lehne mich zurück und mustere die Gäste. Zwei Damen beim Kaffeeklatsch, eine junge Dame blickt konzentriert auf ihren Laptop, ein älterer Herr liest Zeitung. Ein Paar beim späten Mittagessen. Und im Nebenraum fachsimpeln zwei Männer in Chucks mit dem Schallplattenverkäufer. 

Es ist wohl diese bunte Mischung, die das “Lucille” wirklich zu einem Ort für jeden Anlass und nicht nur kulinarisch zu einer echten Bereicherung für das Frankfurter Nordend werden lässt.
Die Seele baumeln lassen mit der Tageszeitung, arbeiten am Laptop (klar, dass es hier auch W-LAN gibt!), Kaffee & Kuchen mit dem Tinder-Date, den Feierabend genießen mit Freunden beim Gin Tonic: Hier ist wirklich alles möglich!

Ich nehme mir vor, demnächst unbedingt einmal mittwochs oder samstags vorbeizuschauen, um hier eine Lesung oder eine Ausstellung zu besuchen. Ich bezahle meinen Kaffee, stehe auf und sage “Bis bald!” Und als ich dann wieder in Regen und Lärm auf dem verregneten Pflaster der Friedberger Landstraße stehe, der Lärm der Rush Hour in meine Ohren dringt – da bin ich mir ganz sicher: Ja, das Nordend braucht dieses weitere Café. Das so viel mehr ist als nur Ort zum Kaffeetrinken. Einer dieser Orte eben, die Frankfurt vor allem eines werden lassen: So wunderbar…

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