28.05.2020
DIE NEUN | Kurze Radtouren ins Frankfurter Umland
Seit neuestem ist unsere Autorin Maria so richtig im Familien-Flow. Zusammen mit ihrem Mann stellt sie Tag für Tag ein kurzweiliges Vormittags- und Nachmittagsprogramm zusammen. “Mit acht Monaten duldet unser Baby nun zwar keine lang andauernden Aktivitäten mehr, aber dafür ist es nun bereit für einen Fahrradanhänger, der uns enorme Mobilität beschert. Da wir unsere gemeinsame Elternzeit nicht in der großen weiten Welt, sondern in Frankfurt verbringen, haben wir Gelegenheit, die Stadt und ihr Umland jeden Tag per Rad zu erkunden und weil uns die sportliche Betätigung nicht nur vom Schlafmangel ablenkt, sondern wir täglich Neues über Frankfurt erfahren, möchte ich neun unserer kurzen Radtouren mit euch teilen.”
Die Radtouren dauern jeweils zwischen einer und zweieinhalb Stunden (inklusive kurzer Pause) in einem gemütlichen Tempo und erfordern keine herausragende Kondition, lediglich Freude an Bewegung an der frischen Luft. Ausgangspunkt ist jeweils die Frankfurter Innenstadt.
1 | Zum Einstieg: nach Höchst und zurück
Dauer: ca. 1 Stunde
Highlights: Höchster Schloss, Nidda, Sonnenauf- oder untergang auf den Mainbrücken
Wir haben diese Tour schon zu verschiedenen Uhrzeiten gemacht, besonders schön ist sie aber ganz früh am Morgen oder zum Sonnenuntergang am Abend. Ganz entspannt geht es immer an der Nidda entlang Richtung Höchst. Die Fahrradwege sind, insbesondere auf den Wegen des Frankfurter Grüngürtels, hervorragend markiert. Der GrünGürtel-Radrundweg führt im Grünen einmal um das Zentrum von Frankfurt herum. Bei unseren kurzen Touren landen wir also fast jedes Mal wieder darauf. Als „Erfinder“ des GrünGürtel-Radrundwegs gilt übrigens Harald Braunewell, der 2001 verstorbene Mitbegründer des ADFC in der Rhein-Main-Region.
Die Tour nach Höchst lädt zum Träumen ein, man muss keinen Verkehr beachten – vom Radverkehr mal abgesehen – und nicht groß das Navi bemühen. So kann man den Blick ununterbrochen über das Niddaufer schweifen lassen. Hier gibt es einiges zu entdecken, von kleinen Stromschnellen bis zu brütenden Schwänen und den legendären Nidda-Nutrias, ereignet sich ein wahres Naturschauspiel in unmittelbarer Nähe der Main-Metropole.
An der Industriestadt Höchst fließt die Nidda in den Main. Das Ufer wird breiter, man findet Spielplätze und Wiesen zum Toben oder Picknicken. Unterhalb vom Höchster Schloss, bringt uns eine Fähre auf die andere Uferseite, von wo aus wir den Rückweg am Main entlang antreten.
Über eine der zahlreichen Mainbrücken fahren wir von der Niederräder Seite zurück nach Bockenheim. Der Sonnenuntergang über dem Main taucht Stadt und Fluss in warmes Licht – der beste Moment, um auf der Brücke nochmal Halt zu machen und ein Erfrischungsgetränk zu genießen.
2 | Gegensätzlicher Osten:
Ostend – Offenbach – Fechenheim
Dauer: ca. 1,5 Stunden
Highlights: Abwechslung zwischen Natur pur und industriellem Charme, Ausblick auf die Frankfurter Skyline inklusive EZB, Eisenbahnromantik
Diesmal gehts in den Osten Frankfurts, bekannt für Eisenbahn und andere Industrie. Trotz alledem schlängelt sich die meiste Zeit ein wunderbarer Radweg zwischendurch, der so manche grüne Abschnitte bereithält und auch einen wirklich grün-umsäumten Seitenarm des Mains offenbart. Unser Weg führt uns nach Offenbach und Fechenheim. Hier halten wir Ausschau nach Jenny, einer Frankfurter Berühmtheit. Die 23-jährige, weiße Araberstute trägt ein rotes Schild um den Hals, auf dem steht: “Ich heiße Jenny, bin nicht weggelaufen, gehe nur spazieren”. An diesem Tag treffen wir sie nicht.
Wir stellen fest, dass unsere Tour einen Pluspunkt für Faule hat: Man kann wirklich an jeder Ecke in eine Straßen- oder S-Bahn steigen und sich nach Hause bringen lassen. Wir sind tapfer und so passieren wir auf dem Rückweg das Eisstadion und den Ostpark, durchqueren Bornheim und das Nordend und steuern schließlich auf Bockenheim zu.
Eine schöne Tour, um in den abwechslungsreichen Frankfurter Stadtvierteln zu halten und Cafés, Restaurants oder Eisdielen zu testen oder kleine Shoppingparadiese zu ergründen. Mit Kindern im Spielplatzalter kann man auch super eine Spielplatztestreihe starten.
3 | Waldspazierfahrt: Oberrad – Scheerwald
(mit Erweiterungsmöglichkeit durch den Stadtwald)
Dauer: ca. 2 Stunden für die kleinere Tour
Highlights: Gerbermühle, Oberräder Grüne-Soße-Felder, Waldspielpark, Polizeireiterstaffel Sachsenhausen, Café Under Pressure
Bei dieser Tour überrascht uns die ländliche Idylle um Oberrad ziemlich. Klar, wir sind zu Zeiten der Kontaktsperre unterwegs – keine Flugzeuge, Autos und sehr wenige Menschen. Und trotzdem ist es sicher auch im Normalzustand sehr entschleunigend, hier entlang zu radeln. Vorbei an der Gerbermühle, ein direkt am Main gelegenes Ausflugslokal, geht es rechts ab nach Oberrad. Vor dem Frankfurter Stadtteil liegen die berühmten Grüne-Soße-Felder und, Fun Fact: Am 21. Mai 2007 wurde hier auch ein Grüne-Soße-Denkmal eingeweiht. Laut Wikipedia soll es das erste und bislang einzige deutsche Denkmal sein, das einem Regionalgericht gewidmet ist.
Wir radeln weiter durch Oberrad, wo sogar leichte Anstiege zu finden sind und landen im Stadtwald, der auch Scheerwald genannt wird. Schnell sind wir mitten im tiefen Wald und trotzdem auf befestigten Wegen, die gut befahrbar sind – da macht der “Stadt”-Wald seinem Namen alle Ehre. Mit größeren Kindern könnte man jetzt eine Pause auf dem Waldspielplatz machen – insbesondere für heiße Sommer ein guter Tipp, denn hier gibt es auch ein großes Wassersprühfeld. Wer mehr Zeit hat, kann auch noch eine größere Runde durch den Stadtwald drehen.
Wir fahren zurück, vorbei an der Polizeireiterstaffel am Seehofpark in Sachsenhausen, wo wir einen kurzen Stopp machen und beobachten, wie frisches Stroh in den Speicher einer Scheune befördert wird. Auf der anderen Seite der Scheune weiden die Pferde – mitten in der Stadt! Für uns geht es weiter. Nach einem kurzen Kaffee-Stopp im Café “Under Pressure” lassen wir uns bis Bockenheim rollen.
4 | Weitsicht genießen: Dornbusch – Eckenheim – Steinbach
Dauer: ca. 2,5 Stunden
Highlights: Dornbuschs vielfältige Architektur, Felder mit Blick auf die Frankfurter Skyline
Wenn wir von Bockenheim aus mit den Rädern losziehen, kommen wir häufiger am Stadtteil Dornbusch vorbei und entdecken jedes Mal etwas Neues. Auf den ersten Blick geprägt von einheitlich aussehenden Wohnblocks, bewundern wir nach mehrmaligen durchfahren, wie vielfältig die Architektur hier ist. Von prunkvollen Stadtvillen bis zu fancy Neubauprojekten gibt es hier so ziemlich alles. Und auch eine Bäckerei fällt auf: “Brot und Freunde” versorgen die Nachbarschaft mit eigens kreierten Snacks.
Wir verlassen Dornbusch in Richtung Eckenheim, fahren durch Praunheim am Krankenhaus Nordwest vorbei und radeln querfeldein, durch Raps und Sonnenblumen nach Steinbach. Von hier führen verschiedene Radwege zurück in die Stadt. Wir genießen bei einem leichten Bergab den freien Blick auf die Frankfurter Skyline.
5 | Kurz mal Landluft schnuppern:
Ginnheim – Praunheim – Berkersheim
Dauer: ca. 1 Stunde
Highlights: Wiesen und Pferdekoppeln, Ginnheimer Spargel
Sonntags gibt es bei uns hin und wieder Pancakes. Da wir immer recht früh auf den Beinen sind, nutzen wir den ruhigen Morgenvibe oft für eine ganz kurze Fahrradtour und brunchen im Anschluss gemütlich. An diesem Morgen geht es für uns über Ginnheim raus aus der Stadt. Den berühmten Ginnheimer Spargel immer im Blick, radeln wir eine entspannte Runde, vorbei an Pferdekoppeln und saftigen Wiesen über Praunheim und den Frankfurter Berg nach Berkersheim.
Ideal, um mal kurz Landluft zu schnuppern, am nächsten Hofladen Eier zu kaufen und Tiere zu beobachten. Über Dornbusch lassen wir uns auf dem Rückweg entspannt bergab rollen.
6 | Der Hausberg Frankfurts:
Lohrberg – Bergen Enkheim – Seckbach
Dauer: ca. 2 Stunden
Highlights: natürlich der Lohrberg mit seinem Ausblick auf Frankfurt, Apfelbaumplantagen, Spielplätze, Pferdekoppeln und Hühnerställe, versteckte Gartenanlagen und der Ostpark
Diese Tour erfordert entweder etwas mehr Kondition oder mehr Zeit, in der man die Räder schiebt. Wie es der Name schon verrät, ist der Lohrberg ein echter Berg, den es natürlich auch zu erklimmen gilt. Belohnt wird man oben aber mit einer wunderbaren Aussicht auf Frankfurt, Picknick-Wiesen und Spielplätzen – ja, sogar Apfelbaumplantagen und Weinreben gibt es hier.
Der Rückweg führt durch verwunschene Gartenanlagen – gut ausgebaute Fahrradwege bringen uns über Seckbach zurück in die Stadt.
7 | Zu den Bäumen dieser Welt:
Eschborn – Sulzbach – Sossenheim
Dauer: ca. 2 Stunden
Highlights: Alt-Eschborn, Arboretum, Reiterhof St. Georg, Nidda
Eigentlich wollen wir nur mal kurz nach Eschborn und zurück fahren, als wir eine wunderbare Entdeckung machen. An diesem Nachmittag lassen wir uns Zeit. In Alt-Eschborn gönnen wir uns eine Pause und genießen den Ausblick auf Fachwerkhäuser, umsäumt von wunderschönen Blumenbeeten. Gerade einmal 15 Minuten sind wir bis hier her geradelt und von Großstadt ist weit und breit keine Spur mehr zu sehen. Stattdessen Hofläden, ein Bächlein und wenige Passanten, die uns im Vorbeigehen grüßen.
Weiter geht es für uns durch den Ort, unsere Karte zeigt eine große Grünfläche, über die wir Eschborn verlassen wollen. Zuerst erscheint es uns lediglich wie ein schicker neuer Radweg, bis wir am Hinweisschild große Augen machen: Willkommen im Arboretum! Hier stehen offensichtlich Bäume aus aller Welt. Fasziniert von unserem Fund, suchen wir uns Bäume aus, die wir anschauen wollen und rollen langsam durch die besondere Ausstellung. Es duftet und zwitschert aus jeder Ecke und wir können unser Glück gar nicht fassen. Lichtungen geben immer mal den Blick auf dahinterliegende leuchtende Rapsfelder frei und der Feldberg thront wie der Fuji am Horizont.
Wir setzen unsere Tour durch Sulzbach und Sossenheim fort, vorbei an glücklichen Hühnern, Kühen und Pferden, am Reiterhof St. Georg, der einem Bilderbuch gleicht und passieren schließlich die sich malerisch durch einen Wald schlängelnden Nidda.
8 | Nahes Naturparadies:
Schwanheimer Düne – mit Erweiterungsmöglichkeit
zum Frankfurter Flughafen
Dauer: ca. 2 Stunden ohne Flughafen
Highlights: Blauflügelige Ödlandschrecke und viele andere seltene Tiere und Pflanzen
Eine Düne in Frankfurt? Ja, genau – bei Schwanheim existiert eine sogenannte Binnendüne, die vom Wind hervorgebracht wurde. Zugegeben, man muss schon ein bisschen Vorstellungskraft mitbringen, um wirklich eine Düne zu sehen. Eigentlich genügt aber schon das Wort, um paradiesische Gedanken auszulösen – hab ich Recht? Tatsächlich findet man hier eine einzigartige Konstellation aus Kulturland, Brache, Feuchtflächen, Trockenrasen und alten Obstbeständen, die dazu geführt hat, dass sich seltene Tiere und Pflanzen angesiedelt haben – und das in so unmittelbarer Nähe zur Großstadt. Unsere Tour führt zuerst nach Höchst (siehe Tour 1), das wir über eine Brücke verlassen. Oben auf der Brücke ruhig mal einen Blick zurück wagen, der Ausblick ist wunderbar!
Wir durchfahren das Dünengebiet, wer mehr Zeit hat, kann die Räder abstellen und über Holzstege spazieren – lies dazu auch Fünf Spaziergänge durch kleine Frankfurter Oasen. Wir fahren weiter durch den Schwanheimer Wald in Richtung Flughafen, der von hier nur noch etwas mehr als vier Kilometer entfernt ist. Für uns geht es über einen bewaldeten Radweg zurück. Nach etwa 25 Minuten erreichen wir Niederrad und das Mainufer.
9 | Steile Felswände und tiefblaue Seen:
Ostend – Mühlheim – Dietesheim
Dauer: ca. 3,5 Stunden
Highlights: Seenlandschaft mit Oberwaldsee und Vogelsberger See, Basaltsteinbrüche
Wir verlassen über das Ostend Frankfurt und fahren am Main entlang bis nach Mühlheim. Der hiesige Mainuferweg ist Teil des insgesamt 530 km langen Main-Radweges. Von fahren wir über den Südring bis zu einer beeindruckenden Seenlandschaft, die zusammen mit den Dietesheimer Steinbrüchen ein Naherholungsgebiet bildet. Ein Rundweg führt zu verschiedenen Aussichtspunkten und über eine etwa 14 Meter hohe „Canyon-Brücke“. Hier genießen wir eine kurze Auszeit und fahren anschließend über Offenbach zurück in die Stadt.
Mit Kindern bietet diese Tour genügend Strecke, um einen Tagesausflug daraus zu machen. Wer das nicht möchte – schließlich stellen wir hier kurze Radtouren vor – kann in Mühlheim–Dietesheim in die S-Bahn steigen und nur einen Teil der Strecke radeln.
Wer noch mehr Touren sucht, findet auf komoot.de eine große Vielfalt, unter anderem, die schönsten Feierabendrunden in Frankfurt oder Stadtriding in Frankfurt per Rennrad. Noch mehr Infos rund ums Rad, unter anderem auch die GrünGürtel-Radkarte und den hessischen Radroutenplaner, gibts auf dem Frankfurter Radfahrportal.
Viel Spaß beim Radeln! Wenn Ihr lieber zu Fuß unterwegs seid, dann schaut doch mal hier.
Ein Beitrag vom Team.