
08.05.2025
Ein Tag im Leben von: Stadtreinigerin Carmen
Wusstet Ihr, dass in Frankfurt ungefähr 80 Kaugummis auf jedem Quadratmeter Boden kleben? Dass auf Frankfurter Straßen und Wegen pro Tag über 4 Tonnen Hundekot anfallen? Und dass bei jeder freitäglichen Feier auf dem Friedberger Markt rund 1,5 Tonnen Müll produziert werden? Während wir uns natürlich alle eine sauberere Stadt zur Aufgabe machen sollten, gibt es zum Glück auch Menschen, die sich dieser Mission hauptberuflich verschrieben haben. Über 1.800 Mitarbeitende aus über 40 Ländern setzen sich bei der FES Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH täglich – Sommer wie Winter – für eine saubere und lebenswerte Stadt ein. Einer dieser Menschen ist Carmen. Sie ist bei der Stadtreinigung – das schon mehr als 10 Jahre mit Herz und Leidenschaft. Wir haben sie begleitet und widmen damit diese Ausgabe von „Ein Tag im Leben von…“ einem ganz wichtigen Thema des Stadtlebens.
Der Betriebshof der FES im historischen Luisenhof in Bornheim versprüht ein ganz besonderes Flair und bildet die wunderbare Kulisse für unseren Besuch beim größten Entsorgungsunternehmen in der Rhein-Main-Region. Zwischen Groß- und Kleinkehrmaschinen, Wasserwagen und Spezialfahrzeugen, von denen mehr als 300 täglich im Einsatz sind, empfängt uns Carmen mit einem breiten Lächeln. Dass sie mit Spaß bei der Sache ist, merkt man sofort.

Wie von Sauberhand
An ihren ersten Arbeitstag erinnert sich Carmen noch sehr genau. Seitdem ist sie bei der Stadtreinigung tätig, seit dem vergangenen Jahr kümmert sie sich um den Bereich der Grünflächen. Was das bedeutet? Frankfurts grüne Oasen und Grünstreifen am Straßenrand von Dreck, Laub und Blüten befreien. Mal mit der Greifzange, mal mit dem E-Laubbläser oder Freischneider. Das kann zeitintensiv sein: „Für die Miquelallee haben wir neulich vier Tage gebraucht“, erzählt Carmen. Und doch hat ihre Arbeit eine beeindruckende Geschwindigkeit. „Die Handgriffe sind geübt, wir sind sehr, sehr schnell.“ Oft könne man 15 Minuten nach einem Faschingsumzug oder EM-Spiel gar nicht mehr rekonstruieren, ob überhaupt etwas stattgefunden habe. Dann, wenn „alles glänzt“, hat Carmen Spaß. Das sei das Befriedigende an der Arbeit: „Man sieht, was man gemacht hat.“



Starke Arme, starker Wille
Herausforderungen sind natürlich die körperliche Belastung und die Witterung, besonders in den unfreundlicheren Jahreszeiten. „Man glaubt nicht, wie schwer nasses Laub werden kann“, sagt Carmen. Auch der Winterdienst und die Touren mit dem Splitteimer seien anstrengend. Kein Wunder also, dass sie ordentlich Kraft in den Armen hat. Für ihr neues Hobby Pole Dance komme ihr das aber zugute, lacht Carmen. Neben einer gewissen körperlichen Fitness braucht es auch Arbeitswille und Durchsetzungsvermögen für ihre Arbeit. „Man sollte willensstark sein und darf sich nicht unterbuttern lassen.“ Am Anfang sei sie eine der wenigen, wenn nicht der ersten Frauen in ihrem Job gewesen. Er war als Projekt für Frauen ausgeschrieben. „Am Anfang war das gewöhnungsbedürftig.“ Nun sei es sehr gemischt und das normalste der Welt, männliche und weibliche Kollegen zu haben. Während man früher als weibliches Teammitglied Spitznamen wie „Schatzi“ zu hören bekam, hat sich das nun auch geändert. „Unsere Männer im Team nennen sich mittlerweile sogar gegenseitig Schatzi“, scherzt Carmen.

Miteinander für die Stadt
Der Zusammenhalt im Team und ein menschlicher Umgang untereinander spielen bei der FES eine große Rolle – Teamfähigkeit ist das A und O. Das Motto? Miteinander für die Stadt. Denn nur so funktioniert es. „Wir haben hier null Toleranz gegenüber Rassismus“, sagt Carmen. „Wir sind alle sehr offen und haben Respekt voreinander.“ Sie persönlich habe noch keinen unangenehmen Vorfall mitbekommen, und das obwohl oder gerade weil ihr Team sehr international ist. Es sei ein schönes Miteinander, in dem Neue schnell aufgenommen würden und auch Platz für das ein oder andere Gespräch mit Bürger:innen sei. Inzwischen ist Carmen auch als Vertretung für den Arbeitsgruppenleiter tätig und organisiert Touren, macht Aufteilungen und behält die zeitliche Planung im Blick.


Durch die Stadt und um die Welt
Für Carmen beginnt der Tag sehr früh – sechs Uhr ist Schichtbeginn. Da steigt sie meist von ihrer Motorrad- in ihre Arbeitskleidung, offiziell PSA: persönliche Schutzausrüstung. Denn die Arbeit an der Straße birgt auch Risiken. Gegen 14 Uhr hat sie Feierabend, es sei denn es ist Blüte- oder Laubzeit. Die Schätze des Frühlings und Herbsts benötigen eben extra viel Aufmerksamkeit. „Zu Hause mache ich oft erstmal ein Nickerchen“, erzählt Carmen und wir können es ihr bei diesem frühen Aufbruch nicht verdenken. Oder sie häkelt zur Entspannung. Ausgeruht ist sie dann jedoch viel unterwegs und verreist gerne. USA, Kanaren, Italien – Carmen ist immer auf Achse und für 2026 sind einige Wochen Japan samt Kirschblüte und 88-Tempel-Tour bereits geplant. Wenn sie nicht in die Ferne schweift, ist sie gerne in der Höchster Altstadt unterwegs („Dort sieht man noch echte Fachwerkhäuser“), setzt mit der Fähre nach Schwanheim über und spaziert durch die Dünen. Auch auf den wiederaufgebauten Goetheturm möchte sie einmal: „Da sieht man, wie wunderschön grün Frankfurt ist.“ Und auch generell mag sie es turbulent: „Ich bin ein Achterbahn-Junkie“. Schließlich sei ja auch das Leben irgendwie eine Achterbahn.



Nette Worte, schönes Umfeld
Carmen würde sich immer wieder für diesen Beruf entscheiden. Ihr liege die Arbeit an der frischen Luft. Ihre Lieblingsmomente sind die kurzen Gespräche mit Frankfurter:innen, die sich für die Arbeit von Carmen und ihrem Team bedanken: „Wir freuen uns über jedes Lob.“ Zudem sei die FES ein sehr sozialer Arbeitgeber. Wenn sie nicht gerade in die Titus Therme geht, besucht Carmen das betriebseigene Sport- und Gesundheitszentrum. Und in der FES-Fahrschule können übrigens auch Externe ihre Fahrerlaubnis erlangen. Zudem gibt es einige Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten, die man so gar nicht auf dem Schirm hat, sowie ein vielschichtiges Weiterbildungsangebot, das auch Menschen ohne linearen Lebenslauf viele Möglichkeiten bietet. Carmen kann ihre Arbeit in jedem Fall weiterempfehlen – nur Leute mit Pollenallergie könnten es schwer haben, meint sie.


Müll in den Mülleimer
Doch auch wer seine berufliche Zukunft nicht bei der FES sieht, kann sich ehrenamtlich engagieren. Etwa als eine:r der über 460 Sauberkeitspat:innen von Straßen, Plätzen, Grünanlagen, Spielplätze oder Flussufern, die größere Verschmutzungen an die FES melden und gegebenenfalls Abfälle selbst wegräumen. Oder auch bei den Cleaning Days, an denen Bürger:innen stadtweit Müll sammeln gehen – immer mit reger Beteiligung. Carmen hat einen ganz klaren Tipp für jede:n Einzelne:n, wenn es um eine saubere Stadt geht: „Einfach den Müll in den Mülleimer werfen.“ Denn eine Parkanlage mache einfach mehr Spaß, wenn sie sauber sei. Auch wenn sie woanders ist, wird sie den fachlichen Blick nicht los. Im internationalen Vergleich schätzt sie Frankfurt als recht saubere Stadt ein. „Los Angeles war zum Beispiel schrecklich“, erzählt sie.


Carmen möchte diese Arbeit bis zur Rente und gerne auch darüber hinaus weitermachen. „Sonst wird es langweilig.“ Davon ist sie mit ihren 51 Jahren – „rückwärts 15“ – glücklicherweise noch weit entfernt.
Vielen Dank für das tolle Gespräch und weiterhin eine sauberhafte Arbeit, Carmen!

